3. Zyklus / 2. Woche
Mittwoch, 09.09.2020
Um halb neun bin ich in Offenbach, um Janina abzuholen.
Sie sitzt fast reisebereit auf dem Bett und erzählt mir vom Verbandswechsel, dem Ziehen der Drainage, dem Gespräch mit dem Chirurgen und wie es ihr ergangen ist.
Ihre Krankmeldung ist falsch ausgestellt. Der Montag fehlt und ich gehe in die Praxis, um eine korrigierte zu bekommen. Die Ärzte, einer muss es natürlich unterschreiben, verschwinden gerade in einem Zimmer, als die neue AU ausgedruckt wird und so muss ich über 20 Minuten warten und Janina wundert sich, wo ich bleibe.
Endlich ist es geschafft, Janina humpelt mit ihren Krücken beschwerlich ein paar Stufen in den Hof hinunter, weil ihr die Rampe nicht geheuer ist und ich gehe das Auto holen, damit sie nicht so weit laufen muss.
Zuhause angekommen, versuche ich es ihr so angenehm wie möglich zu machen, aber ich glaube, ich nerve nur.
Sie schläft erstmal und ich setzte mich an den Rechner. Ich frage mich, wozu ich das Alles hier schreibe und fange an, zu recherchieren.
Tagebücher über Chemotherapien gibt es zuhauf, in Buchform oder im Netz.
Gefühlte zwei Drittel sind von Frauen und bei der Hälfte davon geht es um Brustkrebs. Männer schreiben wohl nicht so gerne Erfahrungsberichte und auf die Schnelle finde ich keines über Lymphknotenkrebs. Ob das die Lücke ist, mit der ich Geld verdienen kann?
Wohl kaum und darauf kommt es mir auch nicht an, aber außer, dass es mir hilft, darüber zu schreiben, hilft es Betroffenen vielleicht auch. Diese Hilfe kann ich aber nur geben, wenn ich mit meinen Texten an die Öffentlichkeit gehe.
Der Paketdienst klingelt und gibt ein recht schweres Paket ab. Natürlich steht Felicias Name darauf und ich stelle es in die Küche, ohne mich weiter darum zu kümmern.
Später will ich einkaufen, entdecke eine Pizza zum selbst belegen im Kühlschrank und frage Felicia per WhatsApp, ob die auf dem Speiseplan für heute Abend steht, damit ich evtl. ein paar Zutaten mitbringen kann. Sie glaubt schon und fragt kurz danach, ob ein Paket gekommen ist, die Sachen müssen in den Kühlschrank, also öffne ich es.
Ich bin erstmal überrascht und frage mich, wer das alles essen soll! Felicia hat bei irgendeinem Lieferdienst 3 Gerichte mit allen Zutaten bestellt und ich bin wirklich gefordert, alle verderblichen Sachen in Kühl- und Gefrierschrank unterzubringen.
Meine Einkaufsliste hat sich bis auf wenige Artikel erledigt. Für die drei Sachen, die übrig bleiben, hätte ich gar keine gebraucht.
Blöd finde ich, dass man wohl nur Gerichte mit allen dafür benötigten Zutaten bestellen kann. So kommt es, dass z. B. drei Knoblauchzehen, was die wohl gekostet haben und jede Menge Karotten darin waren, obwohl wir davon noch genug haben und sogar kleine Tütchen mit Gewürzen, Senf u. ä., also lauter Sachen, die man üblicherweise schon hat.
Für Sinnvoll halte ich so ein Paket nur, wenn man sich z. B. im Urlaub oder auf Montage selbst versorgt und nicht den halben Gewürzschrank mitnehmen will, aber ansonsten ist das Quatsch. Jetzt kenne ich den Speiseplan der nächsten Tage und darüber hinaus, weil ja nun einiges doppelt vorhanden ist. Wie gut, dass sie vorher nicht mit mir darüber geredet hat.
Nachdem die holde Damenwelt sich für ein Gericht entschieden hat, die Rezepte dafür sind natürlich dabei, mache ich mich ans schnippeln und kochen. Ich will einfach nur genau das machen, wie es im Rezept steht.
Felicia will mal wieder nur die frischen Sachen nehmen. Mir geht erst der Hut hoch, als ich ihre Mimik sehe, weil ich darauf bestehe, erst mal die angebrochenen Weizen Tortillas, übrigens in einwandfreiem Zustand, zu Wraps zu verarbeiten.
Vorher waren die gelieferten, nicht mal richtig roten Tomaten auch nur unter Protest gegen schöne reife aus dem Kühlschrank auszutauschen. Ich bin es einfach Leid, nicht einbezogen zu werden. Es kann sein, dass Felicias Angstproblem damit zu tun hat, es kann aber auch einfach das Problem sein, dass sie sich einbildet, einem Edelmann aus dem Arsch gefallen zu sein. Auf alle Fälle redet sie nicht mit mir.
Das hat mir dermaßen die Laune versaut, dass ich fluchtartig die Szenerie verlassen habe, bevor ich mit Janina aneinandergerate. Bevor ich mich aufs Rad schwinge, schreibe ich Felicia per WhatsApp. Ich muss hier mal raus und will ein Bier trinken gehen. Das scheitert fast, weil die Kneipe in die ich ab und zu gehe, wegen Corona geschlossen hat. Ich treffe nur zufällig den Wirt, wir holen uns zwei Stühle raus, setzen uns vor die Kneipe und ich bekomme sogar ein genießbares alkoholfreies Bier aufs Haus. Der Tapetenwechsel tut gut.
Felicia antwortet, dass offen reden nur funktioniert, wenn man sich normal unterhalten kann. Wie wahr und ich frage mich, warum sie es dann nicht macht. Dass ich immer nur raten kann, welchen Grund ihr Verhalten begründet, frage ich sie in meiner Reaktion. Leider hat sie es bis Sonntag, als ich diese Zeilen schreibe, nicht gelesen. Kommunikationsverweigerung.
Dreiviertel von dem tollen Gericht sind noch übrig, aber ich esse lieber Brot. Janina ist sauer, redet fast kein Wort mit mir und geht ins Bett. Ich schlafe lieber auf der Couch.
Donnerstag, 10.09.2020
Nachts bin ich oft wach und gehe auch nicht ins Bett, weil es in meinem Bauch schwer rumort, ich dauernd auf die Toilette muss und meine Blähungen selbst nur schwer ertragen kann. Außerdem habe ich auch keine Lust auf nächtliche Grundsatzdiskussionen.
Morgens hängt der Haussegen immer noch schief. Das wird sich aber beruhigen. Felicia hat meine letzte Nachricht nicht gelesen. Janina hat immer noch starke Schmerzen und schläft zum Glück viel. Felicia schafft es, mir den ganzen Tag aus dem Weg zu gehen.
Schön ruhig, kann man sagen, aber mein Zustand macht mir einen Strich durch die Rechnung.
Mir ist nicht soo schlecht, aber ich habe üble Bauchschmerzen und bin total fertig. Die Chemotherapie bei ihrem Kampf gegen die Tumore anzufeuern gelingt mir nicht wirklich, weil heute irgendwie alles Scheiße ist. Nächste Woche muss ich zum CT und ich habe Angst, dass das Ergebnis nicht das gewünschte wird, nämlich eine deutliche Verkleinerung der Tumore. Schlimmer geht immer.
Heute ist ein nicht so heißer Spätsommertag und ich habe viel zu tun, fühle mich aber so elend, dass ich nichts auf die Reihe bekomme. Es ist mir schon fast zu viel, Janina behilflich zu sein. Die Bauchschmerzen nehmen neue Dimensionen an und ich frage mich, ob es genau die Stellen sind, an denen ich Tumore habe. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen, weil sie selbst ja mit ihren Schmerzen zu kämpfen hat.
Es gelingt mir aber nur teilweise und ich spiele meinen Zustand herunter.
Freitag, 11.09.2020
Es geht mir etwas besser, habe aber, weil ich wieder schlecht geschlafen habe, meinen Labortermin verpennt und komme deutlich später. Ich denke, dass die Werte auffällig sein müssen, weil die letzten Tage wirklich übel waren.
Seit Tagen will ich zu „Weiterleben e.V.“, einem Verein für psychosoziale Krebsberatung, Kontakt aufnehmen, den mir mein Onkologe empfohlen hat. Leider kann man täglich nur für zwei Stunden jemanden telefonisch erreichen und ich habe dieses Zeitfenster in den letzten Tagen immer verpasst. Leider stelle ich fest, dass freitags niemand zu erreichen ist.
Janina geht es deutlich besser. Die üblich Nachoperationsschmerzen scheinen erträglicher geworden zu sein, aber die Stimmung ist immer noch nicht die Beste. Mein Schwesterherz Denise fragt nach, wie es auf unserer Krankenstation läuft.
Ich melde mich bei Holly. Sie ist am Anfang von Corona mit ihrer kompletten Familie zwei Wochen in Quarantäne gewesen und ihre Tochter hat über diese Zeit ein Tagebuch geschrieben und auch als Blog ins Netz gestellt. Ich will mit den beiden reden, wie sie das bewerkstellig haben. Gefunden habe ich diesen Blog trotz intensiver Suche leider nicht und ich will auch wissen, was ich machen muss, damit meine Seite gefunden wird.
Ein bisschen kenne ich mich aus. Vor ca. zwanzig Jahren habe ich eine Umschulung zum Mediengestalter gemacht und zu der Zeit ein paar Internetseiten in den Suchmaschinen richtig nach vorne gebracht. Es ist aber schon lange her und ich habe mich damit seitdem nicht mehr beschäftigt. Dieses Grundwissen muss ich auf jeden Fall auffrischen, wenn ich will, dass meine Seiten gefunden werden.
Holly will sich mit ihrer Tochter kurzschließen, wann wir uns treffen wollen.
Seit zwei Tagen will ich mit Kurt reden, aber wir telefonieren irgendwie aneinander vorbei. Mir geht es nicht so beschissen, wie in den letzten beiden Tagen, aber gut ist etwas ganz anderes. Körperlich total platt schlafe ich um 19 Uhr auf der Couch ein und werde erst gegen 23 Uhr wieder wach.
Wenigstens schaffe ich es noch, Kurt und Denise zu antworten.
Samstag, 12.09.2020
Es geht mir besser als gestern und nachdem ich meinen dringend zu erledigendem Papierkram auf Montag verschoben habe, der am Freitag mal wieder liegen geblieben ist, mache ich mich daran, unseren zugewucherten Garten zu befreien.
Meine Baustelle, ich mauere mit lauter unterschiedlichen Grauwacken von bis zu 30 kg und alten Pflastersteinen, die ich aus unserem Hof rausgerissen habe, den Steilhang hinter unserem Haus zu Hochbeeten ab, ruht seit meiner Krebserkrankung.
Den Weg dahin muss ich erstmal freimähen, bevor ich an mein Puzzle denken kann und ich fühle mich heute fit genug, das anzugehen. Vielleicht schaffe ich es nächste Woche, wenigstens einen Sack Speis, den ich noch im Keller liegen habe, zu verarbeiten.
Die Sache mit dem Mähen und anderen Arbeiten, die draußen wirklich dringend zu erledigen sind, habe ich unter- oder meine körperliche Fitness überschätzt. Nachdem ich über 5 Stunden gearbeitet habe, macht anschließend mein linker Bizeps so dicht, dass ich meinen Arm nicht mehr richtig strecken kann. Das Mähen am Hang mit meiner Elektrosense war wohl doch ein bisschen zu viel. Wenigstens geht es mir mental besser und ich bin fast schon stolz, so viel geschafft zu haben.
Unser Schwimmbad in Ober-Ramstadt hat zum Ende der Badesaison tatsächlich noch einmal geöffnet, nachdem es komplett neu gebaut wurde. Zwar ist die Außenanlage noch eine Baustelle, aber das Schwimmbecken und die sanitären Anlagen sind fertig und man kann sogar kostenlos für ein Corona bedingten Zeitraum von zwei Stunden hinein, nachdem man sich als Besucher online registriert hat.
Weil uns die Neugier plagt und damit Janina nicht nur zu Hause rumhängt, wollen wir morgen hingehen und uns die Sache mal ansehen. Felicia will wohl auch mit und ich reserviere uns 3 Tickets für den einzigen freien Termin von 9 -11 Uhr. Ob sie wirklich mitkommt?
Holly meldet sich per WhatsApp und wir verabreden uns für Dienstag. Alex schickt Bilder von seiner Wandertour mit zwei Kumpels irgendwo in Österreich. Heute machen sie Pause, nachdem sie gestern wohl 12 Stunden mit jeder Menge Höhenmetern unterwegs waren und total platt sind. Ihnen geht es also wie mir, nur haben sie körperlich viel mehr geleistet als ich.
Auch wenn ich körperlich am Ende bin, geht es mir wesentlich besser als in den letzten Tagen, obwohl heute und morgen erst wieder der berüchtigte zehnte Tag nach der Chemotherapie ist, an dem es mir erfahrungsgemäß eher schlecht gehen soll. Bei mir ist das ein paar Tage vorverlegt. Das war ja schon nach den ersten beiden Zyklen so.
Sonntag, 13.09.2020
Es geht mir körperlich gut, nur meinen linken Arm kann ich immer noch nicht richtig strecken und ich frage mich, ob schwimmen so eine gute Idee ist. Wir gehen ohne Felicia trotzdem hin, aber nicht schon um 9 Uhr. Es ist einfach noch zu kühl.
Das Schwimmbad wird sicher schön, aber es ist eben doch eine Baustelle. Um ein paar Bahnen zu schwimmen ist es aber voll funktionsfähig. Für Janina ist es aber blöd, weil sie sich nirgends hinlegen kann. Nur ein paar meist schon belagerte Bänke rund um das Becken sind da, wo sie sich setzen kann. Weil ich sie nicht alleine in der prallen Sonne sitzen lassen will, Schattenplätze sind Mangelware und wegen meinem Arm gehe ich auch nicht schwimmen und wir machen uns wieder auf den Weg nach Hause.
Es ist an der Zeit, wieder ein paar Tage zu schreiben. Es klappt leider nicht, täglich auf dem Laufenden zu bleiben aber ein paar Tage nachzuholen ist kein Problem. Es dürfen nur nicht so viele werden, sonst wird es zu zeitintensiv.
Bis heute hat Felicia meine letzte Nachricht nicht gelesen, geht mir weiterhin aus dem Weg, schaut in eine andere Richtung, wenn wir uns im Haus zwangsläufig begegnen und redet kein Wort mit mir. Ich bin Luft für sie und ich sehe nicht ein, das Gespräch zu suchen, wenn sie nicht einmal meine Nachricht liest. Ich schreibe ihr einen Einzeiler mit dem Wortlaut „zum lesen gedacht“ und zwei nach oben zeigenden Fingern. Auch damit kann ich sie nicht bewegen, meine letzte Nachricht zu lesen. Ich betrachte das als Kommunikationsverweigerung. Blöd ist nur, dass Janina mal wieder zwischen den Fronten steht.
Vincent und Loretta kommen Janina besuchen, wegen mir sind sie ja nicht da. Vincent redet ohnehin nur mit mir, wenn ich ihn in ein Gespräch verwickele und ich starte wieder einen Versuch, damit ich dieses Gefühl bestätigt bekomme. Nachdem ich mich einige Zeit mit ihnen in einem Raum aufgehalten habe, in der Vincent nur wie ein aufgescheuchtes Huhn herumgelaufen ist, richte ich das Wort an ihn, weil ich mir von einem Informatikstudenten im Endstadium brauchbare Informationen wegen meiner geplanten Internetseite erhoffe. Leider wie erwartet, kann er mir in keiner Weise helfen und das Gespräch, wenn man meine Frageminuten an ihn überhaupt so bezeichnen kann, verebbt sofort wieder. Ich komme mir fehl am Platz vor und ziehe mich zurück.
Kim schreibt mir und fragt nach, wie es mir geht. Ich finde das voll nett von ihr, weil wir ja nicht so viel miteinander zu tun haben. Trotzdem hat sie so eine Art Helfersyndrom als Ex-Krebspatientin und ihr Zuspruch tut mir gut, gerade weil es mir unter der Woche so beschissen gegangen ist. Sie weiß eben, was ich momentan durchmache und es ist etwas ganz anderes, mit selbst betroffenen zu reden, weil solche Menschen sich einfach besser in so eine Situation hinein versetzen können.
Montag, 14.09.2020
Heute habe ich wieder einen Labortermin, bin früh wach und komme fast pünktlich.
Am Donnerstag steht mein CT-Termin an und ich lasse mir die zum Glück unauffälligen, aktuellen Laborwerte geben. Die werden in der Radiologie für das Kontrastmittel benötigt, dass mir injiziert wird, während ich in der Röhre liege.
Meine Angst vor einem schlechten Ergebnis dieser Untersuchung hat nachgelassen, vielleicht auch weil die Laborwerte in Ordnung zu sein scheinen. Es geht mir aber auch sonst gut und es fällt mir wieder wesentlich leichter, daran zu glauben, dass alles wieder gut wird.
Zu Hause angekommen, sucht Janina, nachdem wir es uns nach dem Frühstück auf der Terrasse gemütlich gemacht haben, das Gespräch über den Konflikt mit Felicia. Schade, dass Felicia, die meine Nachricht immer noch nicht gelesen hat, nicht auf mich zukommt. Ich selbst sehe es nach wie vor nicht ein, den ersten Schritt zu machen, weil ich das ignorieren meiner Nachricht als Kommunikationsverweigerung betrachte. Früher habe ich das immer wieder mal gemacht, weil ich mir dachte, das als Erwachsener tun zu müssen, aber Felicia ist mittlerweile 21 Jahre alt. Außerdem stört mich ihr ignorantes Verhalten mir gegenüber. Wenn es ihr nicht passt, dass ich geschrieben, anstatt mit ihr geredet zu haben, sollte sie mir das persönlich und nicht über Janina mitteilen. Nachdem ich Janina meinen Standpunkt und wie es mir dabei geht, erklärt habe, ist unser Haussegen wieder einigermaßen im Lot. Für sie ist es eben auch schwer, weil sie zwischen den Fronten steht. Am Verhältnis zwischen Felicia und mir ändert das aber erst einmal nichts und sie geht aus dem Haus um zu arbeiten, ohne mich eines Blickes zu würdigen.
Es ist ein schöner heißer Spätsommertag und Janina sagt, ich solle doch schwimmen gehen, nachdem ich sie ins Fitnessstudio gefahren habe, wo sie ihren Vertrag neu regeln muss. Von selbst hätte ich das nicht gemacht, weil ich sie nicht alleine lassen will. Sie ist ja mit ihrer Schiene an zu Hause gefesselt und hat auch keine Lust, sich damit an den See oder in ein Schwimmbad zu legen, ohne schwimmen zu können. Ich kann das verstehen und bin dankbar, als Krankenpfleger Freizeit zu bekommen.
Also fahre ich alleine nach Zellhausen an meinen geliebten Königsee und freue mich schon auf eine entspannte Zeit am Strand.
Mit Badesachen, Lesestoff und Klappstuhl bewaffnet stehe ich aber dann aber vor verschlossener Tür und bin erstaunt und stinksauer, weil ich über 30 km Weg auf mich genommen habe, um höchstens unter Strafandrohung wegen Hausfriedensbruch das Gelände über den Zaun kletternd betreten zu können. Das mit der Strafandrohung steht tatsächlich so auf einem Schild am Eingang. Das Ordnungsamt würde regelmäßig kontrollieren.
Was für ein Blödsinn, den Zugang zum See zu verschließen, wenn bestes Badewetter ist. Einen sarkastischen herzlichen Dank an die Gemeinde Mainhausen.
Zum Glück ist Janina nicht dabei und ich kann an einer kleinen Stelle doch schwimmen gehen. Baden ist zwar auch hier verboten, aber ich will ja schwimmen und nehme keine Seife mit ins Wasser ;o)
Der gemütliche Teil meines Aufenthaltes ist aber gestrichen und ich mache mich, nachdem ich einmal über den See geschwommen bin, auf den Rückweg.
Bei Alex mache ich einen kurzen Besuch. Von ihm erfahre ich, wer bei der in Mainhausen bald stattfindenden Bürgermeisterwahl kandidiert und wir lachen uns darüber fast tot; vom Saulus zum Paulus oder eher vom Bock zum Gärtner scheint mir ein passender Vergleich zu sein. Der Schniedel und Bürgermeister – dann werde ich Bundeskanzler.
Janina ist mit Felicia zu Vincent und Loretta gefahren. Weil ich alleine zu Hause bin, gehe ich nach dem Essen noch in den Biergarten vom Steinbruch-Theater um mich mit Bekannten zu treffen.
Dienstag, 15.09.2020
Es ist wieder ein beschwerdefreier Spätsommertag. Von Felicia höre ich sogar ein überraschendes „guten Morgen“.
Die Angst, dass das Ergebnis der anstehenden CT-Untersuchung vielleicht nicht erfreulich ist, habe ich aber trotzdem und lenke mich mit schreiben ab.
Janina ist auf die Idee gekommen, dass wir uns einen Holzofen für das Wohnzimmer zulegen sollten. Mit dem zuständigen Schornsteinfeger hat sie auch schon telefoniert, weil wir einen stillgelegten Schornstein aktivieren müssen.
Am Abend bin ich mit Holly und ihrer Tochter Rosa, die den Blog während ihrer Corona Quarantäne geschrieben hat, verabredet.
Bis auf die Unterbrechung, als Rosa sich zu uns auf die Terrasse setzt, um mir ihren Blog zu zeigen, reden wir den ganzen Abend und ich bin froh, dass meine Krankheit nicht das Hauptthema ist.
Mit Holly möchte ich nicht tauschen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, aber ihres ist schon gewaltig. Helfen kann ich wahrscheinlich nicht, aber ich kann zuhören, Tränen trocknen und sie in den Arm nehmen.
Sie ist eine starke Frau und meistert ihr Leben beeindruckend. Ich habe nur bedenken, dass sie irgendwann einfach unter der Last zusammenbricht.
Ich glaube es hat ihr gutgetan, sich einfach mal alles von der Seele zu reden und sie bedankt sich bei mir für das zuhören, als wir uns nachts um halb eins verabschieden.