Zurück ins Leben
Nachdem ich die Rehabilitation am 20.04.2021 hinter mich gebracht hatte, lag mein vom Anfang auf Ende April verschobener zweiter Kontrolltermin beim Onkologen inklusive Computertomographie beim Radiologen an. Auch Impftermine, die ich, zur Gefahrengruppe 2 gehörend, vor der Reha beantragt hatte, waren mir in der Zwischenzeit zugeschickt worden.
Die gleich am kommenden Freitag stattfindende erste Impfung (Moderna) habe ich problemlos überstanden. Ich habe mich vorher extra beim Onkologen erkundigt, ich brauchte ja gleich nach der Reha eine neue Krankmeldung, ob mein Impftermin in Ordnung geht.
Lediglich meine Schulter hat samstags ein wenig geschmerzt. Um einen Baum zu fällen, wäre es der falsche Tag gewesen, aber ansonsten habe ich keine Probleme gehabt. Einen leichten Anflug von Gliederschmerzen und allgemeinem Unwohlsein wie bei einer Erkältung glaube ich gefühlt zu haben, aber ich kann es mir auch nur eingebildet haben.
Die anschließenden Untersuchungsergebnisse und das Gespräch mit Herrn Dingeldein waren die reine Freude. Die noch zu großen Lymphknoten (Schutthaufen der Twintowers) waren etwas kleiner geworden, keine gewachsen und die Blutwerte waren gut.
Ich habe natürlich sofort nachgefragt, ob ich mir den Port entfernen lassen kann. Bei der letzten Untersuchung im Januar hat er mir davon noch abgeraten. Jetzt habe ich sein OK bekommen und er hat mich an den Chirurgen überwiesen.
Den Port loszuwerden ist mir wichtig gewesen. Er hat mich zwar nicht gestört und manche lassen ihn auch drinnen, aber es war für mich wie ein Zeichen meiner Genesung, nicht mehr diese Beule in der Brust zu haben. Die Narbe ist natürlich gut sichtbar und ich werde sie behalten, aber besser als die künstliche "Raumforderung" sieht es auf jeden Fall aus.
Körperlich fühle ich mich so fit, wie lange nicht mehr und meine Fitness-Waldstrecke schaffe ich besser denn je.
Schwimmübungen beim Gehen im Trockenen waren nach der Reha eine neue Idee, weil ich noch nie richtig gut kraulen konnte. Das lag vor allem daran, dass mir schon immer nach kurzer Zeit die Puste ausging, weil ich nur auf der linken Seite Luft holen konnte, ohne Wasser zu schlucken. Zwei Züge waren mir zu wenig, vier auf Dauer zu viel. Drei waren mit beidseitigem Luftholen verbunden.
Man lernt nie aus.
Heute schaffe ich wesentlich längere Strecken Freistil, weil die Trockenübungen im Wald mit 3-Zug-Atmungssrythmus tatsächlich geholfen haben. Mal sehen wie weit ich im Spätsommer komme.
Auch mit dem Fahrrad bin ich wieder viel unterwegs und will dieses Jahr auf jeden Fall das Ziel des letzten Jahres, 2000 km zu fahren, erreichen. Die Chancen sind gut. Bis heute (22.06.2021) habe ich schon 800 km abgespult.
Am 05.06.2021 bin ich wieder mit Alex, mit wem sonst, wieder die Mountainbikestrecke Ober-Ramstadt I gefahren, nach der ich vor 361 Tagen den Krebs in der Leiste entdeckt hatte und habe sie problemlos geschafft.
Genau diese Strecke nach nicht einmal einem Jahr bezwungen und somit wieder mindestens die gleiche Fitness erreicht zu haben, ohne danach nicht zu mir gehörende Raumforderungen zu entdecken, hat schon unterwegs zu glücklichen Gefühlswallungen geführt, als mir klar war, dass ich es schaffen werde, wenn kein Traktor vom Himmel fällt und mich erschlägt.
Da Fitnessstudios wieder geöffnet haben, kann ich jetzt auch meine Überweisung für Reha-Sport einlösen. Ich bin gespannt.
Um jetzt wieder komplett ins Leben zurück zu kehren, benötige ich nur noch einen Job. Wer Arbeit finden will, tut das auch und ich gehe davon aus, spätestens im Herbst wieder zu den braven Steuerzahlern zu gehören, auch wenn der Arbeitsmarkt für meinen Beruf momentan kein Wunschkonzert ist. Also auf zu neuen Ufern.
Gesund werden, gesund bleiben!
Nachdem ich es geschafft zu haben scheine, den Krebs zu besiegen, bin ich von positivem Denken mehr als überzeugt. Das soll nicht heißen, dass ich es für möglich halte, jede Krankheit besiegen zu können, aber jede Behandlung kann man mental unterstützen. Im Vertrauen und Einklang mit der Schulmedizin kann man sprichwörtliche Berge versetzen oder auch einen Boxkampf gewinnen. Chemo, Chemo, Chemo, ...
Der Boxring und die Arena sind jetzt leer. Chemo hat den Kampf nach 6 Runden durch k.o. gewonnen. Die Krebszellen sind tot und ihre Reste werden von eine Reinigungsteam aus dem Ring gefegt. Es ist jetzt auch für mich an der Zeit, die Szenerie zu verlassen.
Ich liebe das Leben und genau das werde ich in Zukunft mehr als genießen.
Bleibt gesund, Euer Erhard Fredman.